Mit finanzieller Unterstützung des Landes NRW und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)
Wissenschaftliche Leitung:
SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen
Humanisierung der Digitalisierung: Selbstbestimmung - Aktivierung – Digitalität
Visionen von Mitarbeiter*innen der geriatrischen Versorgung zur digitalen Kommunikation
Das Jahr 2021 hat die Grenzen unserer alltäglichen Kommunikation deutlich aufgezeigt. Die Corona-Pandemie hat vielfach zu einer tragischen und traurigen Begegnungslosigkeit geführt. In kaum einem Arbeitsfeld wurde dies so deutlich wie in der geriatrischen Versorgung. Wahrscheinlich wurden aber auch im Jahre 2021 so viele Videokonferenzen durchgeführt wie noch nie. Es war oft ein ungewollter Einstieg in die digitale Kommunikation, die Datenstraßen waren noch zu eng und der Satz „Kann mich jemand hören“ wurde unzählige Male ausgesprochen.
Was ist also, wenn die digitale Kommunikation gut funktioniert und wir sie so gestalten können, dass sie den menschlichen Bedürfnissen tatsächlich dient? Mit dieser Frage haben sich über 70 Mitarbeiter*innen aus allen Berufsgruppen der geriatrischen Versorgung in kleinen Innovationsworkshops beschäftigt. Wie sollte aus ihrer Sicht digitale Kommunikation in der professionellen geriatrischen Arbeit aussehen?
Alle beteiligten Pflegekräfte, Mediziner*innen, Physiotherapeut*innen, Sozialarbeiter*innen sind in Einrichtungen des Netzwerkes Geriatrie beschäftigt. Im Projekt „Zukunft Geriatrie“ werden neue Wege der geriatrischen Versorgung entwickelt und erprobt. Dabei sorgt ein beteiligungsorientierter Ansatz für eine breite Akzeptanz bei alle Beschäftigten.
Ein Ergebnis sind die 15 Visionen digitaler Kommunikation, die in dieser Ausstellung präsentiert werden. Bemerkenswert ist, dass die gezeigten Technologien schon gar nicht mehr visionär sind. Vieles ist bereits erprobt und wird erfolgreich eingesetzt.
Alle Visionen sind soziale Innovationen. Es ist allen Ideen gemein, dass durch die eingesetzten Technologien humanitäre Ziele erreicht werden. Die professionelle Arbeit, die Kommunikation der Fachleute wird verbessert und wirkt damit unmittelbar auf die zentralen Anforderungen der geriatrischen Versorgung: Aktivierung und Selbstbestimmung!
Die Innovationsworkshops
Die Innovationsworkshops wurden in digitaler Form mit verschiedenen Mitarbeitenden in kleinen Gruppen bis zu vier Personen durchgeführt. Zusätzlich wurden zwei Workshops mit Klassen der Altenpflegeausbildung und der generalistischen Ausbildung durchgeführt.
In diesen Workshops, die an die Methode der Zukunftswerkstatt nach Jungk angelehnt wurden, wurden zunächst die Kommunikationsteilnehmer*innen der Geriatrie und der vielen Partner*innen in der geriatrischen Versorgung gesammelt. Folgend wurde der kreative Geist der Teilnehmenden angesprochen. Sie wurden animiert, sich von Problemen und Schwierigkeiten des Alltags zu lösen und sich für Utopien zu öffnen, auch Unmögliches durfte gedacht und geäußert werden.
Die beteiligten Partner*innen
Die Innovationsworkshops wurden entwickelt, durchgeführt und ausgewertet von der SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen. Die Illustrationen wurden von Niklas May entworfen.
Im Projekt „Zukunft Geriatrie“ sind das Christliche Klinikum Unna, die SRH Hochschule, die solvecon gmbh, das RIF Institut für Forschung und Transfer sowie der Paula e.V. beteiligt.
Traumasensible digitale Kommunikation
Viele der heute alten Menschen haben in ihrem Leben Traumata durch Gewalt oder sonstige Belastungen erlebt. Traumata sind gekennzeichnet durch Ohnmacht und Kontrolllosigkeit. Auch die derzeitige Situation der pflegebedürftigen, kranken, hilfebedürftigen Menschen ist i. d. R. geprägt von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Angewiesensein auf meist fremde Menschen.
Traumasensibilität bedeutet hier, den alten Menschen im Umgang mit digitalen Kommunikationsmöglichkeiten Sicherheit durch Autonomie und Kontrolle zu geben, zu ermöglichen und zu erhalten. Das heißt, dass die Menschen, die mit digitalen Medien versorgt werden, dazu eine verständliche Anleitung – in ihrer Muttersprache – bekommen. Zudem wird ihnen versichert, dass nur sie die Sicherheit und die Kontrolle darüber haben, wann die digitale Kommunikation eingeschaltet ist und dass z. B. Gespräche nicht mitgeschnitten werden und nicht zu anderen Zwecken als der aktuellen Kommunikation verwendet wird. Im Kontakt – insbesondere zwischen dem alten Menschen und der ärztlichen, pflegerischen oder therapeutischen Visite wird vorab deutlich gemacht, welche Personen beteiligt sind; diese stellen sich vor und zeigen sich im Bild.
Bei Menschen, die bettlägerig sind, bzw. in ihrem Pflegezimmer, -sessel oder -bett / privatem Raum in eine Videokommunikation gehen, wird darauf geachtet, dass die Betroffenen sich in einem Zustand befinden, der der „Öffentlichkeit“ der Kommunikation angemessen ist. Das betrifft optische, hygienische, äußerliche Merkmale der Person und der Umgebung. Z. B. ist es unangemessen, wenn der Urinbeutel, der am Bett hängt, die Zahnprothese oder Pflegeartikel zu sehen sind. Grundsätzlich wird darauf geachtet, dass im Bild nur das zu sehen ist, was gesehen werden soll, möchte und darf. Das betrifft insbesondere Gegenstände, durch die persönliche Umstände abgeleitet werden können.